Von neuer Freiheit

 

Freiheit mag für jeden etwas anderes bedeuten. Für den einen bedeutet es, dass eigene Leben so leben zu können, wie es oder sie es will. Für den anderen von inneren sowie äußeren Zwängen befreit seine Entscheidungen zu treffen. Ein Dritter sieht Freiheit in dem Zustand finanziell und sozial Unabhängig zu sein. Und gerade dies ist ein Problem für die letzten Jahre der Jugend. Gedanklich löst man sich bereits von den Eltern und Menschen, von denen man jahrelang abhängig war und doch ist man zugleich noch vollkommen an die Eltern gebunden.

 

Blicken wir doch einmal kurz in mein Leben, um ein konkretes Beispiel zu erhalten:

Ich bin jetzt 17 Jahre alt und gehe in die 11. Klasse. Meinen Schulabschluss werde ich 2023 mit 19 Jahren machen. Das wiederum heißt, das ich noch mindestens zwei ganze Jahre Zuhause wohnen bleiben werde. In dieser Zeit werde ich in all meinem Tun noch stark mit meinen Eltern verbunden sein und unter deren Aufsicht sein. Ich werde mich also finanziell sowie lokal weit weg von einer möglichen Unabhängigkeit befinden. 

 

Aber trotzdem gibt es einige Aspekte, in denen sich eine neue Unabhängigkeit entwickeln kann und auch tut. 

Eigene Meinungen. Eigene Entscheidungen. Eigener Lifestyle. 

Plötzlich fühlt man sich fähig, über sich selbst zu bestimmen, zu tun und lassen was man will. Und dieses Gefühl ist das beste der Welt. Einfach das Haus zu verlassen und wann und wohin zu gehen, wie es gefällt. 

Doch dafür ist es auch wichtig, seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche wahrzunehmen. Sich zu fragen: Was ist mir wichtig? Womit will ich meine Zeit verbringen? Was tut mir gut? Wo liegen meine Prioritäten?

Und dann danach zu handeln. Dass die Antworten auf diese Fragen nicht auf der Hand liegen, ist hier normal. Es braucht Zeit herauszufinden, was man im Leben will, wofür es sich lohnt Zeit zu investieren und wofür nicht. Und auch was einen glücklich macht. Ob man diese Antworten je ganz finden wird kann ich mit meine 17 Jahren nicht sagen. (Meine Vermutung tendiert jedoch eher zu nein) Doch was sich mit 17 Jahren sagen lässt, ist, dass sich so eine Prioritätenverschiebung gerade in diesem Alter abspielt. Freunde sind auf einmal wichtiger als je zuvor und „Deeptalk“ kommt vor „Smalltalk“. 

Dazu aber mehr in einem anderen Impuls genau zu dem Thema „Prioritätenverschiebung“.

Zuletzt aber noch ein Auszug aus einem Gedicht der polnischen Dichterin Wislawa Szymborska, welcher Unabhängigkeit und Freiheit mit dem Thema Prioritäten in meinen Augen vereint. Es lädt dazu ein, eine Minute, vielleicht sogar zwei darin zu investieren, darüber nachzudenken.

 

(…)

Es hat sich gefügt, daß ich bin und schaue.

Über mir flattert ein weißer Falter

mit Flügeln, die nur ihm gehören,

und durchfliegt als Schatten meine Hände,

kein beliebiger Schatten, sein eigener.

 

Bei solch einem Anblick verlässt mich stets die Gewißheit,

daß das Wichtige wichtiger ist

als das, was für unwichtig gilt.

 

-       Wislawa Szymborska     -

 

Ich denke: dort regiert die Freiheit, wo das Wichtige nicht mehr wichtiger ist, als das, was als unwichtig galt.

 

Rosa

 

PS: Du kannst dir diesen Impuls auch als Podcast anhören: 

https://soundcloud.com/user-910717699/impulsreihe-siebzehn-unabhangigkeit-und-freiheit